TEIL 1
Gott und den Menschen sättigen: Das Geschenk der Erneuerung
„Jesus stand auf und sprach: `Wenn jemanden dürstet, lasst ihn zu mir kommen und trinken. Er, der an mich glaubt, wie die Schrift sagt: Aus seinem Herzen soll lebendiges Wasser entspringen.’ Das sagte er vom Geist, den jene, die an ihn glaubten, empfangen sollten...“ (Joh 7:37)
1 The Gift of Renewal
"Wenn ihr nur das Geschenk Gottes kennen würdet..." [Joh 4:10]
Die „Priest Coworkers“ von Mutter Teresa sind eine internationale Bewegung für priesterliche Erneuerung, die aus der Sehnsucht vieler Priester verschiedener Länder entstand, ein vollkommeneres und gläubigeres Leben nach dem Evangeliums zu versuchen. Durch die Beteiligung an der Erneuerung, die Gott der ganzen Kirche durch Mutter Teresa gegeben hat, soll jeder Priester im Rahmens seiner eigenen Berufung und seines Priesteramtes zu einem tieferen Gebet, zur Armut des Geistes, und zu einer wachsenden apostolischen Nächstenliebe finden...
Der Name „Priest Coworkers“ umschreibt die zweifache Realität unseres Amtes und unserer Bewegung: als Priester sind wir Mitarbeiter Christi, unsere Fähigkeiten und unser Amt gehören nicht uns. Sie gehören Christus in uns, und existieren Christus zuliebe in anderen, zuliebe einer Menschheit, die leidet und arm ist an Körper und Seele, die Er durch unser Amt und unsere Lebensheiligkeit immer vollkommener auf sich gründen möchte. Und da wir „Mitarbeiter“ sind - mit diesem Begriff wird all unsere Würde und zugleich all unsere Armut zum Ausdruck gebracht - wir, die wir „diesen großen Schatz in Tongefäßen tragen“ (2 Kor 4:7), müssen wir ständig die Gabe und die Gnade ausüben, die wir besitzen: „Als Mitarbeiter Christi bitten wir euch, die Gnade, die ihr empfangen habt, nicht zu vernachlässigen...“ (2 Kor 6:1).
Der Hauptzweck und Sinn der Bewegung ist priesterliche Erneuerung. Diese Erneuerung wird durch das Wachsen im Gebet, in der Armut des Geistes und im priesterlichen Dienst erworben; und zwar indem wir Werkzeuge in Jesu Auftrag sind, um den Durst seiner dürstenden Glieder mit den lebendigen Wassern des Geistes zu stillen.
„Ihr seid das Salz der Erde...“ (Mt 5:13). Die persönliche Aufgabe der Erneuerung verlangt, dass wir unsere priesterliche Beziehung zum Herrn vor dem „Verlust ihres Geschmacks“ bewahren und zwar durch „die Gnade, die in uns ist, durch das Auflegen der Hände“ (2 Tim 1:6). Wir glauben, dass diese Arbeit der Erneuerung, diese Sehnsucht nach priesterlicher Erneuerung, eines der Hauptzeichen des Geistes unserer jetzigen Kirche ist, und möglicherweise die dringlichste Notwendigkeit. Im Dienste dieser Arbeit will die Priest-Coworkers-Bewegung im Priester eine Wiederentdeckung der großen grundlegenden Geheimnisse seines Priestertums in Jesus Christus fördern und ihn zu einem erneuerten und vertieften Verständnis und Praxis dieses größten Geschenkes führen, das ihm der Herr gemacht hat. Diese Vertiefung kann zu einem stets wachsenden und wirksamen Gefühl der Einigkeit und Identifikation des Priesters mit Jesus Christus führen, zu einem stets besseren Verständnis davon, was es heißt, Mitarbeiter Christi zu sein.
„Ihr wisst, wie spät es ist, dass es Zeit für euch ist, vom Schlaf aufzuwachen“ (Röm 13:11). Erneuerung heißt Erwachen, ein Erwachen davon, was zu oft der Schlaf des geistigen Stillstandes sein könnte, ein Erwachen zu lichterfülltem Tag neuer Vertrautheit mit der Dreifaltigkeit in Jesus durch unser Priestertum.
„Seid gewandelt durch die Erneuerung eures Geistes“ (Röm 12:1), „erneuert durch die Kraft des Geistes in eurem Inneren“ (Eph 3:16). Wandlung ist die abschließende Frucht der Erneuerung durch die Kraft von Gottes Geist, eine vollkommene Wandlung des „Inneren“, die uns zu dem macht, was wir sein sollen: Mitarbeiter des Lebendigen Gottes, Mittler seiner Gegenwart und Stärke: „Es ist in der Tat die wahre Aufgabe des Priesters, im Herzen der Kirche, die Liebe Gottes in Jesus Christus zu uns durch Wort und Sakrament allgegenwärtig zu machen, und die Gemeinschaft der Menschen mit Gott und untereinander herbeizuführen. All das erfordert vor allem von uns, die das geheiligte Amt ausführen, die Verpflichtung zu täglicher Erneuerung im Sinne des Evangeliums“ (Synode 1971).
Der Geist der Bewegung soll weder etwas hinzufügen noch auf irgendeine Art die charakteristische Geistlichkeit des Diözesan- oder Ordenspriesters verändern. Der Geist der Bewegung zielt ausschließlich auf Ermutigung und Vertiefung nicht auf eine Zugabe zum spezifischen Amt jedes einzelnen Priesters: die für alle gültige Großmut im Leben des Evangeliums soll betont und ermutigt werden, und der einzelne so zu einer größeren Treue darin gelangen, was für jeden individuell ist. Jeder Priester der Bewegung soll auf Jesu „Durst“ auf seine eigene Weise, dort wo er steht und mit seinem individuellen Geschenk von Gnade und Auftrag für die Menschen seiner Umgebung antworten. Dort wird er ein Mitarbeiter genannt, der nicht tun soll, WAS eine Mutter Teresa tut, sondern WIE sie es tut: sehen, lieben und dem Herrn in den Menschen dienen, die seiner Sorge anvertraut sind, weil sie für den Priester sein dürstender Christus sind.
Durch diesen Aufruf sind auch wir mit Jesus Botschafter der Liebe des Vaters, gesalbt mit Seinem Geist, um „den geistig Armen frohe Kunde zu bringen“ (Lk 4:18), vor allem den geistig Armen unserer eigenen Pfarren, die alle, egal ob arm oder reich, einen Hunger leiden, der niemals „nur mit Brot“ gestillt werden kann: sie hungern nach Gott, nach dem Brot des Lebens, nach dem Erfahren Seines Erbarmens. Und deshalb können wir uns, die wir bestellt sind, diesen Hunger zu stillen, nicht mit bloßer Verwaltung oder auch mit großmütiger Geschäftigkeit begnügen; unsere Mitmenschen hungern danach, dass wir Männer Gottes seien, wir sind dazu berufen, für sie „Jesus zu sein“.
Für jeden von uns war es das Wahrnehmen dieser Berufung in all unserer Mittelmäßigkeit, der Ruf sich über diese Mittelmäßigkeit zu erheben, mehr von uns an Gott und an unsere Mitmenschen hinzugeben durch Gottes eigene Gabe unseres Priestertums, verbunden mit der Sehnsucht, in unserem eigenen Leben und auf unsere eigene bescheidene Art Mutter Teresas Vision von Glaube und Botschaft der Liebe zu leben, das uns in erster Linie zu dieser Bewegung gebracht hat und das uns weiterhin auf dem Weg führt, den wir als Einzelne und als Bruderschaft gewählt haben.
Die Bewegung ist überzeugt, dass Mutter Teresas Geist der Erneuerung ein universelles Geschenk an die ganze Kirche ist, eine Botschaft, die an der Allgemeingültigkeit des Evangeliums teil hat, da sie dieses Evangelium so eindringlich und treffend wiedergibt. Es ist eine Botschaft, welche die Herzen und das veränderliche Leben der Gläubigen und auch Nicht-Gläubigen bewegen kann; eine Botschaft, die eine solche Stärke und Anziehungskraft besitzt, letztlich deshalb, weil sie nicht ihre, sondern Seine Botschaft ist. Sie lediglich auf die Straßen Kalkuttas zu beschränken, würde bedeuten, sie dort einzusperren, sie zu verunstalten und sie zu etwas Bequemerem zu reduzieren, was uns in keinster Weise herausfordern müsste. Um die Allgemeingültigkeit ihrer Botschaft zu verstehen, heißt Kalkutta überall zu sehen, in unseren Priester-Brüdern, in den Straßen und Häusern unserer Pfarren, und in den hungernden Herzen unserer Mitmenschen.
Es ist diese Botschaft evangelischer Erneuerung, die jeden Aspekt unseres Priestertum zu berühren imstande ist, die für uns Einladung, Anregung und Herausforderung bedeutet. Wenn wir tatsächlich versuchen, nach dieser Anregung zu leben und diese Herausforderung anzunehmen, könnten wir zu Recht gefragt werden, ob und wie wir uns verändert haben. An der Oberfläche ist vermutlich noch wenig, das man bemerkt, da wir so arm und schwach sind wie jene, denen wir dienen, wir tragen „die große Gabe in Tongefäßen“. Eines aber muß von Anfang an klar sein: unsere Bewegung ist in keinster Weise eine Elite-Bewegung, wenn überhaupt, so sind wir unter unseren Brüder-Priestern die „Ärmsten der Armen“, jene, die die Last innerer Armut und die Notwendigkeit des Herrn gespürt haben, und die mit der Künstlichkeit und Mittelmäßigkeit in unserem Leben von Gebet und Amt ringen mussten.
Was also haben wir erhalten, das wir spüren? In der Tat viel: erstens, vermutlich, eine wachsende Einheit des Lebens, die Frucht einer neuen Orientierung und Sinn, der auf der Überzeugung aufbaut, dass Kalkutta wirklich überall zu finden ist, gegenwärtig in jedem Menschen und zu jeder Zeit. Es ist unser Glaubens, dass wir dazu imstande sind, die einzelnen, verstreuten Momente unseres Tages zu einem ununterbrochenen Zusammensein mit dem gebrochenen und verwundeten Jesus zu wandeln, mit dem Jesus, der immer Eins ist: in der Eucharistie, in unserem Herzen, in unseren Mitmenschen.
Zweitens glauben wir, dass die reine Annahme dieser Vorstellung von Erneuerung und ihre Herausforderung in sich selbst ein großer Gewinn ist. Obwohl wir zweifellos noch immer mittelmäßig sind, ist der große Unterschied, dass wir nicht mehr mit dieser Mittelmäßigkeit zufrieden sind. Das ist die Gnade, die, auch wenn sie anscheinend klein ist, unsere wertvolle Perle geworden ist, unser Senfkorn, eine Gnade, die wir uns in unserer Schwäche bemüht sind zu verleugnen, ein Samenkorn, das gerade in dieser Schwäche Wurzeln schlagen und heranwachsen kann, sogar bis zu dem Punkt, wo unsere Mitmenschen und unser Gott „unter seinen Ästen Zuflucht finden“ können (Lk 13:19). Wenn wir in unserer Armut täglich aufs Neue unsere Schlichtheit entdecken, sind wir dennoch bei Mutter Teresa, die in jenen Momenten unnachahmlich scheint, aber die selbst als „bemerkenswert nur in ihrer Schlichtheit“ beschrieben wurde, eine Schlichtheit, die auf Gott weist, nicht auf ihr (oder unser) Talent, sondern auf Seine Macht, die an der menschlichen Schwäche arbeitet: die vermittelte Allmacht von Gottes Erbarmen und Liebe, Gottes liebevoller Blick, der durch menschliche Augen scheint.
Wir mögen fallen, wir mögen versagen, aber Gottes große Gabe an uns und unsere große Hoffnung in unserer Schwachheit liegt im Annehmen dieses Samenkorns, dieser Vorstellung, dieser Lebensweise: Es ist sicher, dass wir uns in den Augen der anderen nicht verändert haben, aber wir wissen in unserem Herzen, dass wir niemals mehr die Gleichen sein werden. Wenn wir uns an dieser Sicht teihaben wollten, so ist es deshalb, weil wir im Versuch, sie zu leben, eine neue Begeisterung für unsere Priesterschaft erfahren; ein wachsender Durst nach dem Herrn im Gebet, eine Botschaft, die uns auf all das hinweist, was wir immer fühlten, was unser Priestertum sein könnte und sollte, und eine Gabe, die viel zu groß und mächtig ist, als dass man sie allein tragen könnte.
Es ist dieses Geschenk, dass wir mit allen teilen möchten,
weil es grundsätzlich ein Geist-Geschenk ist, ein Priest-
Coworker zu sein. Nicht unsere Entscheidung, sondern unsere
Antwort auf Seinen Ruf, einen Ruf und eine Gabe, die, wie
wir glauben, einer Priesterschaft Wiedergeburt und Erneuerung
bringen können. Die Bewegung soll keine Herausforderung,
sondern eine Einladung sein, ein schlichtes Instrument des
Geist, „Gott, als ob er durch uns ermahnen würde“:
„Bring die Gabe zur Entfaltung, die in dir ist...“
(2 Kor 5:20, 2 Tim 1:6).